Lebenswelten

Dienstag, 6. Juni 2006

Magisches Nano. Und eine Nano-Veranstaltung

Ende April war die Aufregung unter den Technologiealarmisten groß: es drohte der erste große Nanoskandal in Deutschland. Der Spray "Magic Nano", der zur Versiegelung von Glas dienen sollte, hatte bei Anwendern auch gleich das Beuschl mitversiegelt und zu Vergiftungen geführt. Die Nanoethics-Group in Santa Barbara schlug Alarm, und der Hersteller nahm das Produkt nach über hundert gemeldeten schweren Vergiftungsfällen vom Markt. Hatte damit das große Nano-Fiasko begonnen? Nicht wirklich, denn wie das Bundesinstitut für Risikoforschung kürzlich meldete, waren im Spray gar keine Nano-Partikeln drin. Vorerst gibt es also einmal Entwarnung. Aber die nächste Nano-Panne kommt bestimmt. Und nicht immer wird kein Nano drin sein, wo Nano draufsteht. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es in Österreich an Nano-Begleitforschung fehlt. Trotz Nano-Veranstaltungen wie der folgenden:

"Nano und Öffentlichkeit" - Veranstaltungsreihe: Nanotechnologie und -wissenschaften - Chancen und Risiken
Montag, 19 Juni 2006 , 19:00 Uhr - 22:00 Uhr
Nanotechnologie umfasst eine ganze Reihe verschiedener Technologien und Anwendungsbereiche. Scheinbar unbegrenzt sind die Möglichkeiten. Doch was ist Nanotechnologie überhaupt? Welche Anwendungsbereiche gibt es? Welche sind in Zukunft zu erwarten? Wo liegen die Chancen und Risiken für Mensch und Umwelt?

Um diese Fragen zu beantworten und einen Überblick zu geben, veranstaltet das Forum Wissenschaft & Umwelt gemeinsam mit dem Institut für Risikoforschung der Universität Wien eine Vortragsreihe mit internationalen Fachleuten.

"Nano und Öffentlichkeit":
Dr. Helge Torgersen, ITA Wien
Prof. Dr. Alfred Nordmann, TU Darmstadt

Im Anschluss Diskussion. Moderation: Mag. Birgit Dalheimer, ORF
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Ort:
Universität Wien, Biozentrum, Hörsaal I
Althanstraße 14
1090 Wien
Kontakt:
Veranstalter/in: Forum Wissenschaft & Umwelt und Inst. f. Risikoforschung der Univ. Wien
Info: Mag. Sabine Greßler, Dr. André Gazsó
01/5852985
umweltforum@utanet.at
http://www.fwu.at

Wahr-sager: was dürfen WissenschaftlerInnen meinen?

Der SciBlogger WEISEL hat es in seinem Kommentar zur Pressekolumne des Mathematikers Taschner angesprochen http://sciblog.twoday.net/stories/2025068/#comments:
WissenschaftlerInnen sollen Stellung nehmen dürfen zu Themen außerhalb ihres Brot-Jobs.
Das Physik-Magazin Physics World ist da ganz anderer Meinung, und schreibt in seinem Editorial, das PhysikerInnen besser keine politischen Statements abgeben sollten, wenn sich diese nicht auf einen wissenschaftlichen Inhalt beziehen (damit meinen sie die Briefe an diverse Regierungen bezüglich des Einsatzes von Atomwaffen): http://physicsweb.org/articles/world/19/6/2

In meinem Weblog habe ich dazu einen Beitrag geschrieben und eine lapidares Kommentar bekommen, im Sinne von "Ach, auch andere Prominente werden nach ihrer Meinung gefragt - und es interessiert die Leute einfach": http://jupe.twoday.net/stories/2107852/

Ich glaube, es ist aber nicht das gleiche, wenn zB eine Schauspielerin oder eine Wissenschaftlerin zu zB politischen Themen befragt werden. Immer noch haftet ja den WissenschaftlerInnen das Vorurteil (?) an, dass sie die Wahrheit entweder schon kennen oder knapp davor sind, sie zu erfahren. Und daher müssen ihre Statements auch außerhalb der Wissenschaft wahr und richtig sein. Bei zB Schauspielern gibt es diese Wahrheits-Diskussion schon mal gar nicht. Da ist man daran gewöhnt, dass sie zutiefst subjektive Personen sind, was gut ist.
Aber ist es wirklich so schlimm, wie Physics World meint, wenn WissenschaftlerInnen nicht-wissenschaftliche statements abgeben?
WEISEL meint, man könnte das als "intellektuelle, die sich kritisch in gesellschaftsdiskurse einmischen" bezeichnen (was es doch immer schon gegeben hat). Ich denke, man soll den WissenschaftlerInnen sehr wohl die Möglichkeit bieten, sich zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen zu äußern - man sollte aber dabei nicht vergessen, dass diese Statements natürlich immer subjektiv sind und wohl nichts von objektiver, wissenschaftlicher Wahrheit in sich tragen. Was ja nichts macht.
Was denkt ihr?

Samstag, 3. Juni 2006

Eindrücke aus Israel

Wer hat gewusst, dass Israel womöglich Weltmeister ist, was die Forschungsausgaben im Vergleich zum BIP angeht? Knappe fünf Prozent pulvern die Israeli zurzeit angeblich in F & E. Und nicht das wenigste davon in Biotech, die entsprechend boomt. Wie dort überhaupt ein richtiger Hitech-Goldrausch ausgebrochen scheint.
Entsprechend auch meine Eindrücke der lokalen Wissenschaftskommunikationsszene. Auch die ist ziemlich professionell. Die Unis haben große PR-Departments (am Weizmann-Institut, wo 2500 Leute beschäftigt sind, sind acht Personen für diese Agenden zuständig). Zusätzlich gibt es ein Spendeneinwerbungsbusiness, das womöglich auch noch Harvard & Co. toppt: Das private Hadassah-Unispital z.B., wo heftig Stammzellforschung betrieben wird, wirbt jährlich rund 150 Millionen Dollar ein.
In der Wissenschaftskommunikation der Biotech-Szene geht es entsprechend kommerzieller zu. Womöglich ein Geschäftsmodell auch für Österreich wäre das Online-Magazin Bioisrael.com. Vielleicht mag das ja jemand kopieren bzw. adaptieren?! Wär doch gelacht, wenn dafür kein Geld aufzustellen wäre!

Dienstag, 30. Mai 2006

Sinnlose Grafiken

Zum Thema sinnlos aber hübsch: hier die grafische Darstellung von sciblog.twoday.net als...äh, Blumengeflecht.
Sinnlos ist meiner Meinung nach so eine Grafik, wenn es keine Erklärung gibt und man sich selbst ausmalen kann, welche Blüten wofür stehen. Es lebe die freie Interpretation! Schön aber trotzdem, oder?
sciblog_blume

für die paar wenigen Details: auf die Grafik klixen - ist ein Link zu: http://www.aharef.info/static/htmlgraph/?url=http%3A%2F%2Fwww.sciblog.twoday.net

Dienstag, 23. Mai 2006

"GUT ZU VÖGELN"

Der Titel war der der zugegeben falsche aber immerhin derb-ironische Definitionsversuch einer meiner Lehrer in der Schule, was denn OrnithologInnen sind (und sollte natürlich nur ein raffinierter Leseanreiz sein;-). Was aber haben Orrnis, wie sie sich selbst nennen, auf einem Wissenschaftskommunikationsblog zu suchen? Die wissenschaftssoziologische Antwortet lautet: VogelkundlerInnen sind insofern interessant, weil es da keine so strikte Trennung zwischen Amateur- und Profi-Wissenschaft gibt und Laien auch wichtige Beiträge zur Forschung leisten. Und außerdem werden sie in Österreich gerade wieder einmal "öffentlich".

Zwar ist hierzulande die Community der "Bird-Watcher" bzw. "Birder" im internationalen Vergleich eher klein. Aber seit einiger Zeit dennoch recht aktiv. Ich hatte kürzlich das Vergnügen, beim 2. Austrian Bird-Race im Dreiländereck zwischen Tschechien, der Slowakei und Österreich teilzunehmen (als Birdwatcherwatcher, nota bene) und weise darauf hin, dass demnächst (am 9. und 10. Juni) in Wien demnächst das dritte Rennen dieser Art stattfindet.

Das Ziel ist es ganz einfach, binnen 24 Stunden, so viele Volgelarten wie möglich eindeutig zu identifizieren. (Im Vorjahr waren es immerhin mehr als 100 Identifizierungen in Wien.) Genaueres gibt es unter www.bird.at, wo man auch zu den 500 wichtigsten Orinithologie-Homepages und -Blogs kommt, die zugegebenermaßen zum Teil schon auch eher etwas schrullig sind, inkl. Ornis mit ihren Vogel-Tattoos etc. etc. Aber wie hieß es schon beim alten Shakespeare: "There are more things in heaven and earth than are dreamt off in your philosophy."

Freitag, 5. Mai 2006

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten

Wie wär's mit Texte versteigern? Stimmt schon, man muss nur ein wenig kreativ sein, dann werden die Berufsaussichten gleich rosiger. Viel Erfolg!

Und so einfach geht's:

Von Dienstleistungen rund ums Haus ueber die Haarverlaengerung
bis hin zur Tagesmutter - versteigern Sie doch mal einen Auftrag
auf jobdoo. Bereits im Sommer 2004 hatte der heutige
jobdoo-Geschaeftsfuehrer Kay Foitschik die Idee zu diesem Portal,
als er nach einem guenstigen Umzugsunternehmen suchte und sich
wunderte, dass anscheinend der Kunde auf die Gunst des
Dienstleisters angewiesen war und nicht umgekehrt. So entstand
diese Online-Plattform, auf der Kunden ihre Auftraege
ausschreiben und Dienstleister ihre Angebote abgeben koennen.
Der Erfolg gibt Kay Foitschik Recht; schon im ersten Jahr wurden
rund 10.000 Auktionen mit einem Auftragsvolumen von mehr als
10 Millionen Euro versteigert.

Inzwischen liegen nicht mehr nur Auftraege aus dem handwerklichen
Bereich vor. Auch Arbeiten wie Uebersetzungen oder das
Programmieren von Websites kommen unter den virtuellen Hammer.

http://www.jobdoo.de

Geistes- und Naturwissenschaften: Wo sich Welten treffen

Der deutsche Sozialpsychologe Harald Welzer liefert in der "Zeit" einen Erfahrungsbericht über die Zusammenarbeit von Geistes- und Naturwissenschaftlern. Im Rahmen eines interdisziplinären Projektes, in dem er mit Neurophysiologen und Literaturwissenschaftlern zusammenarbeitete, haben sich für Welzer offensichtlich Welten aufgetan: nämlich hier die Geisteswissenschaft und dort die Naturwissenschaft. Von wegen interdisziplinär!
Charakterlich scheinen sich die Forscher der beiden Richtungen zwar sehr ähnlich zu sein. Da fallen interessante Ausdrücke wie "Vortragsautismus" oder "Demütigungsrituale". Die Ergebnisse sind dann allerdings recht unterschiedlich - und so eben auch in Hinblick auf mediale Präsenz, wie wir wissen.
So viel also zu den beiden Spezies. Da liegt noch viel Arbeit vor uns!

Donnerstag, 27. April 2006

Preisfrage: Wie schaut die ideale Wissenschaftskommunikationswelt aus?

Weil sie in diesem Blog immer wieder indirekt zum Thema wird, rufe ich dazu auf, diese Frage doch im Kollektiv zu diskutieren, nämlich: Wie würde eine ideale Wissenschaftskommunikationswelt aussehen? Weil aufregen tun sich im Grunde alle über die Situation so wie sie jetzt ist: Seitens der Wissenschaftsforschung wird kritisiert, dass es die reine Übersetzung und Vereinfachung nicht sein kann und dass es partizipative Ansätze braucht, engagiertere WissenschaftsstaatsbürgerInnen etc. Die WissenschafterInnen beschweren sich, dass die Öffentlichkeit zu wenig weiß. (Oder sie beklagen umgekehrt das zu große mediale Engagement ihrer KollegInnen.) GentechnologInnen schimpfen, dass die Berichterstattung zu kritisch sei. Kritische WissenschaftsjournalistInnen beklagen die Mittel und Methoden der Wissenschafts-PR und die PR-isierung des Journalismus, etc., etc.

Aber was würde das alles konkret heißen? Braucht es wirklich mehr BürgerInnenkonferenzen? Wenn ja, zu welchen Themen? Soll in den Medien (noch) mehr über Wissenschaft berichtet werden? Oder bloß – siehe economy, Forschen & Entdecken & Co. – weniger affirmativ? Oder sollen die WissenschaftlerInnen direkter mit der Öffentlichkeit kommunizieren? Wissen die Menschen tatsächlich zu wenig über Wissenschaft und wie sie funktioniert? Kriegt die Wissenschafts-PR zu viel Geld? Oder bloß die JournalistInnen zu wenig? Und was will eigentlich die "Öffentlichkeit"? Oder ist nicht eh alles eigentlich ganz in Ordnung, so wie es läuft?
Und damit es einen Anreiz gibt, über diese Fragen gründlich nachzudenken und was Gescheites zu schreiben, stifte ich hiermit für den besten Beitrag ein Exemplar des Büchleins "Bullshit" von Harry G. Frankfurt (ganz ohne Rezensionsverpflichtung;-)
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518584502/qid=1146164149/sr=8-1/ref=pd_ka_1/303-9207680-1835450

Mittwoch, 26. April 2006

Die mediale Ignoranz der "soft sciences"

Vor allem von sozial-, kultur- und geisteswissenschaftlicher Seite wird ja immer wieder beklagt, dass eben diese Disziplinen in den Medien, ach, so unterrepräsentiert seien. Mag sein. Eine Frage ist, wie sich daran etwas ändern könnte. Eine recht plausible Antwort gibt der deutsche Politologe Franz Walter im Spiegel (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,412422,00.html), nämlich: einfach selber aktiv werden. Walter ortet eine tiefe Krise der Sozialwissenschaften in Deutschland, kritisiert ihren elitären Dünkel und verweist auf Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaftler wie Pierre Bourdieu, Noberto Bobbio, Eric Hobsbawm oder Timothy Garton Ash, wie ganz selbstverständlich auch für Zeitungen schreiben und schrieben.
Drei kleine Ergänzungen von meiner Seite: 1. scheint mir die Situation in Österreich bis auf die bekannten Ausnahmen nicht viel anders zu sein. 2. stelle ich mir immer öfter die Frage, ob es denn auch gar so viel interessante Arbeiten gibt, die es aus inhaltlicher Relevanz in die Medien schaffen. Und 3. fürchte ich, dass viele inhaltliche Anstöße gar nicht mehr von den "soft sciences" kommen: sehr oft sind es einschlägig ausgebildete JournalistInnen oder "Zwischenschaftler", jedenfalls aber keine ordentlichen Professoren, die die spannenden Themen vorgeben oder "machen" – von der Globalisierung, über die ein namentlich nicht genannter EU-Parlamentarier das erste wichtige Buch im deutschen Sprachraum schrieb bis zu den diversen Historikerdebatten, die oft genug von akademischen Außenseitern wie Götz Aly ausgingen.
Immerhin, man diskutiert in den "soft sciences" mitunter schon darüber, wie zum Beispiel ab Donnerstag am IFK. Details unter http://www.ifk.ac.at/home.php

Samstag, 8. April 2006

Wer hätte das gedacht

Wie allenthalben in diversen Agenturmeldungen zu lesen war (oder hier: http://futurezone.orf.at/it/stories/101303/), hat der Leiter des Studiengangs Online-Journalismus an der Fachhochschule Darmstadt, Prof. Lorenz Lorenz-Meyer, bei den Frankfurter Journalistentagen darauf hingewiesen, dass das Wissen der Blogger in der allgemeinen Wahrnehmung oft unterschätzt werde - vor allem von Journalisten. (Außer sie sind selbst Blogger;-)
Und als "Beweis" wird der Herr Professor mit folgender Aussage zitiert: "Für fast jedes Thema von Politik bis Wissenschaft (!) gibt es qualifizierte Blogger, die es sich lohnt zu lesen." Na Bravo! Ein wenig konkreter immerhin der Geschäftsführer der Netzeitung, Philip Graf Dönhoff, für den sich Journalismus und Blogger ergänzen. Die "Blogosphäre" sei unter anderem für Recherche und Themenfindung wichtig.
Was ich mich frage – auch im Hinblick auf eine Einladung eine Blog-Expertens für eine SciMedia/SciBlog-Abschlussverstanstaltung: Weiß man über die Bloggerei tatsächlich nicht mehr als solche Trivialitäten?
Und vielleicht muss man dafür ja nur in Blogs recherchieren...

.

Ein Gemeinschaftsprojekt von SciMedia, SciCo und SciBlog

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